Bessamatic / Die Kamera
(Verschluß)

Compur Verschluß

Der Name Compur ist zusammengesetzt aus dem englischen Wort Compound für Verbindung und Uhr. Ein Compur Verschluß ist also ein Verschluß, der die Verbindung zwischen Kameragehäuse und Objektiv darstellt und dabei mit der Präzision eines Uhrwerks abläuft.
Der erste Synchro Compur Verschluß, entwickelt und gefertigt im Compur-Werk Friedrich Deckel OHG in München, kommt 1951 auf den Markt. Gründer der Firma war der drei Jahre zuvor verstorbene Königliche Kommerzienrat Dr. h.c. Friedrich Wilhelm Deckel (1871-1948). Schon viele Jahre eng zusammenarbeitend erwirbt Zeiss 1959 das Münchner Werk.

Für die Steuerung der Belichtungszeit hat Voigtländer die Bessamatic mit einem Synchro-Compur-Wechsel-Reflex-Zentralverschluß der Größe 00 ausgerüstet (Bild). Eingebaut ist er als sogenannter Hinterlinsenverschluß direkt in das Gehäuse, vor dem Spiegel aber eben hinter den Linsen der Objektive. Dieser Zentralverschluß, oder auch Lamellenverschluß, besteht aus einem ausgeklügelten System von sechs beweglichen, hauchdünnen, beschichteten Stahl-Lamellen. Mit diesen Lamellen wird ein, von der Mitte aus, sich öffnendes und schließendes Loch für den Lichteinlaß freigegeben.
Die Zeit für die Öffnung des Verschlusses regelt die Kamera. Die Lichtmenge wird durch die Blende, die sich nicht in der Kamera sondern in jedem Objektiv befindet, gesteuert. Um die Blende zu bewegen ist das Objektiv über einen Steuerhebel im Bajonett mit der Kamera verbunden.
Verschluß Synchro Compur
Ein sicheres Zeichen für die Aufnahmebereitschaft der Kamera ist der Sucher. Das Sucherbild wird nur freigegeben, wenn der Verschluß gespannt ist. Erst durch das Spannen mit dem Schnellspannhebel wird der Spiegel in Position gebracht, der Verschluß geöffnet und gespannt, die Blende geöffnet, der Film transportiert, das Bildzählwerk um eins weitergerückt und das Bildfenster durch eine Klappe abgedeckt.
Durch betätigen des Auslösers schließt sich nun der Verschluß, springt die Blende ein, klappt der Spiegel nach oben, gibt die Klappe das Bildfenster frei und der Verschluß öffnet sich für die eingestellte Zeit. Und ungeachtet dieses komplexen Ablaufs beträgt die Belichtungsverzögerung lediglich 20 ms.

Der Zentralverschluß muß erst vollständig geöffnet sein, bevor die Belichtung des Filmabschnittes erfolgen kann. Das heißt die Lamellen des Verschlusses müssen sich mit enorm hoher Geschwindigkeit bewegen. Dadurch wird auch deutlich warum die kürzeste Belichtungszeit der Bessamatic auf 1/500 Sekunde begrenzt ist.

Trotz teilweise enorm großer Frontlinsen (z. B. Super-Dynarex 350) sind aufgrund des etwas zu klein geratenen Verschlusses leider keine besonders Lichtstarken Objektive möglich. Nur mit einigem Aufwand ist man noch bis zu einer größten Blende von 1:2 (Skopagon und Septon) gekommen. Der Verbau des Verschlusses der Größe 0, wie bei der Prominent, wäre die bessere Wahl gewesen und hätte ebenfalls den Einsatz eines Nokton mit der Lichtstärke von 1:1,5 ermöglicht. Bauartbedingt hat auch die kleinste von Voigtländer vertriebene Brennweite nur 35mm.
Bei den Objektiven begrenzt der Verschluß die Eintauchtiefe der hinteren Linse in die Kamera. Das wiederum macht sich bei der Naheinstellgrenze, besonders von Telebrennweiten, negativ bemerkbar. (Siehe auch wieder bei den schweren Teleobjektiven.)
Mit ursprünglichem Namen heißt der Verschluß Synchro - Compur - Wechsel - Reflex - Verschluß. Der optisch "saubere" Weg ist eigentlich den Verschluß direkt hinter der Blende zu verbauen um nur einen Engpaß im Strahlengang zu erhalten. Das bedeutet dann aber teure Objektive in denen jeweils nicht nur die Blende sondern auch ein Verschluß eingebaut ist (wie bei der Hasselblad). Diese Bauweise wird dem Namen "Wechsel-Verschluß" dann auch gerecht.

Wobei wir auch schon bei den Vor- und Nachteilen des in der Bessamatic eingebauten Zentralverschlusses angekommen sind.

Nachteile:

  • kürzere Verschlußzeiten unter 1/500s lassen sich nur mit sehr hohem Aufwand realisieren,
  • kürzere Brennweiten als 35mm und höhere Lichtstärken sind ebenfalls nur mit hohem technischen Aufwand oder optischen Einschränkungen möglich,
  • kleine Naheinstellgrenzen lassen sich bei Teleobjektiven nicht realisieren.

Vorteile:

  • keine Stromversorgung notwendig,
  • erschütterungsarm durch zentrische Bewegung des Verschlusses,
  • Blitzaufnahmen bei allen, also auch bei den kurzen Belichtungszeiten möglich.

Es gibt mit Sicherheit noch viele weiter Argumente für das "FÜR" und "WIEDER" des Zentralverschlusses an sich. Weitere Ausführungen würden den Rahmen dieser Seite sprengen, so daß ich es bei diesen kurzen Argumenten belassen möchte. Bemerkenswert ist aber sicherlich noch, daß auf der Mondlandung 1969 eine Zentralverschlußkamera (Hasselblad 500 EL) und keine Kamera mit Schlitzverschluß zum Einsatz kam.


Wenn die schnellen Zeiten langsam werden

Bei den alten mechanischen Kameras kann es vorkommen, daß die Verschlußzeiten länger werden, der Verschluß verzögert auslöst oder gar der Auslösevorgang komplett stoppt. Das Problem sind oft Schmutzeinträge, welche die "Schmierung des Uhrwerks" beeinträchtigen. Auf gar keinen Fall darf man jetzt auf die Idee kommen den Verschluß ölen zu wollen. Für einen Zentralverschluß, der auch noch bei Minusgraden mit einer Geschwindigkeit von 1/500s auslösen soll, hat ein Öl eine zu hohe Viskosität. Es könnte dann schnell "die letzte Ölung" für den Verschluß gewesen sein. Der Zentralverschluß braucht kein Öl. Die Schmierung erfolgt durch konstruktionsseitig geschickt gewählte Materialpaarungen (z. B. Messing auf Stahl).

Verschluß ReinigungIst eine solche Kamera "verloren"? Nein, nicht unbedingt.
Wird die Kamera erwärmt, kann dieses schon reichen das Uhrwerk wieder ablaufen zu lassen. Durch mehrfaches Auslösen bei erwärmter Kamera kann sich der Schmutz eventuell schon aus den kritischen Stellen lösen und die Kamera wieder Einsatzbereit machen. Soll das Erwärmen in der Fensterbank durch Sonneneinstrahlung erfolgen ist aber unbedingt an die Haltbarkeit von Selenzellen zu denken.
Meist ist das "Vergnügen" durch Erwärmen aber leider nur von kurzer Dauer. Besser ist es den Verschluß so gut wie möglich zu reinigen. Da wir eine Demontage als Möglichkeit ausschließen wollen, benötigen wir ein Verfahren das greift ohne die Kamera auseinandernehmen zu müssen. Als besonders geeignete und günstige Möglichkeit hat sich bei mir der Einsatz von Feuerzeugbenzin erwiesen. (Wer dem Feuerzeugbenzin nicht traut kann auch auf Wundbenzin zurückgreifen.) Von außen auf den Verschluß gegeben dringt das Benzin in die Kamera, und somit auch in den Verschluß selbst ein, und macht ihn vielfach wieder gängig. Wiederum durch mehrfaches Auslösen wird die Verschmutzung weiter gelöst und durch eine weitere Behandlung mit dem Benzin weggespült.
Manchmal sind auch nur die Verschlußlamellen von stärkerer Verschmutzung betroffen. Dann kann ein mit Feuerzeugbenzin getränktes Wattestäbchen helfen. Vorsichtig damit über die Lamellen gewischt ist der Schmutz schnell entfernt. Dabei sollte die Reinigung von beiden Seiten, also auch von hinten durch die geöffnete Filmklappe erfolgen (Bild).

Bei der Reinigung kann das Feuerzeugbenzin ruhig großzügig verwendet werden. Es verdunstet nahezu Rückstandsfrei und nach der Trocknung ist die Kamera dann wieder eine längere Zeit einsatzbereit.
 

 
Betrachten wir das Bildzählwerk einmal etwas genauer.