Bessamatic / Vorbemerkungen
(Allgemein)

Ein paar allgemeine Worte

Die Entwicklung des Kamerasystems

SchlüsselanhängerIm Jahr 1956, das Jahr des zweihundertsten Firmenjubiläums von Voigtländer, wird mit der Entwicklung der Bessamatic begonnen. Zwei Jahre später kann man bereits die in Braunschweig gefertigte Spiegelreflex-Kamera vorstellen. Damit begann die letzte große Erfolgsgeschichte dieser Firma. Das Erscheinen der Kamera auf dem Weltmarkt unterstrich durch Technik, Ausstattung und Qualität noch ein letztes Mal den Vorsprung deutschen Kamerabaus bei diesem Traditionsunternehmen. Die Bessamatic wurde die erfolgreichste Spiegelreflex-Kamera aus dem Hause Voigtländer.

Bereits ein weiteres Jahr später, im Jahre 1959, kam eine revolutionäre Weltneuheit auf den Markt. Das erste Zoomobjektiv für eine Kleinbildkamera, die so genannte "Gummi-Linse", gab es seit diesem Jahr nun auch für den 35mm Kleinbildfilm. Das handliche und lichtstarke 2,3-fach-Zoomobjektiv Voigtländer Zoomar mit einer durchgehenden Lichtstärke von 1:2,8 und einer Brennweite von 36mm bis 82mm deckte den Bereich von einem Weitwinkel- bis hin zu einem leichten Teleobjektiv ab. Damit war die Ära der Zoomobjektive jetzt ebenfalls für die Kleinbildfotografie eingeläutet.

Knapp zwei Jahre nach Erscheinen der Kamera war die Objektivpalette bereits 1960 von drei auf sieben Objektive angewachsen. Der Telebereich war allerdings noch auf 135mm begrenzt. Auf die langen Brennweiten mußte der Kunde dann noch einmal zwei Jahre (200er Super-Dynarex) beziehungsweise vier Jahre (350er Super-Dynarex) warten.

Kaum war ein weiteres Jahr vergangen und Voigtländer lies, im Jahre 1961, der legendären Bessamatic noch die große Schwester Ultramatic folgen. Auf diese rein mechanische und weltweit erste Spiegelreflex-Kleinbild-Kamera mit abschaltbarer Blendenautomatik und Rückschwingspiegel gehe ich im Kapitel Ultramatic näher ein.

Billig contra besser

Der Name Bessamatic ist zusammengesetzt aus "Bessa" und Auto-"matic". Im Jahre 1928 kam von Agfa eine Klappkamera für einen Rollfilm im Format 6 x 9 mit dem Namen "Billy" heraus. Die Ähnlichkeit des Namens zu "billig" war bewußt gewählt. Bei Voigtländer war man jetzt auf der Suche eines geeigneten Namens für eine Mittelformat-Klappkamera aus eigenem Hause. Hier kam man nun auf die Idee die eigene Kamera "Bessa" (hergeleitet von besser) zu nennen. Im Vorstand von Voigtländer bestand anfangs Skepsis ob dieses Namens. Am 01. April 1929 erschien dann aber doch die 6 x 9 Mittelformat-Klappkamera Voigtländer Bessa, die für 36,-- RM angeboten wurde.
Der Kunde konnte nun also wählen zwischen "Billy(g)" und "Bessa"!
 
Bessa 6x9 von 1929

Bild vergößern

Durch Anklicken des Bildes kann man
sich Fotos ansehen, die ich mit dieser Bessa aufgenommen habe.
 

Rechts: Eine Bessa 6x9 für Rollfilm B2-6 oder B2-8 von 1929 (deutsche Ausführung).
 Eigenschaften: Selbstspann-Zentralverschluß Vario der Fa. Alfred Gauthier,
 selbstaufrichtender Objektivträger, Objektiv Voigtar 7,7/120mm, Brilliantsucher.

Die Bessamatic

Die Bessamatic ist eine kompakte, einäugige Spiegelreflex-Kamera (SLR) für 35mm Kleinbildfilm vom Typ 135 mit dem Bildformat 24 mm x 36 mm. Der Aufbau und die Funktionen sind rein mechanisch, so daß die Kamera (mit Ausnahme der Bessamatic CS) völlig ohne Batterien auskommt. Für ein seitenrichtiges und aufrechtstehendes Sucherbild sorgt ein Pentaprisma.
Obwohl die Kamera als feinmechanisches, optisches Präzisionsinstrument bezeichnet werden kann, zeichnet sie sich durch einen soliden Aufbau aus. Mit ihrer robusten Technik war (und ist) die Kamera ein Begleiter für das ganze Leben. Nicht zu vergleichen mit so manch einer heutigen Digitalkamera, die auf eine "Halbwertszeit" von nur etwa fünf Jahren ausgelegt ist.

Bessamatic Gehäuseübersicht

Ansprechen wollte man mit dieser Kamera einerseits den Gelegenheitsfotografen, andererseits aber vor allem den ambitionierten Amateur. Bei den Berufsfotografen versuchte man die Kamera zwar ebenfalls zu etablieren, diese fotografierten aber noch nicht so gern mit dem Kleinbildformat. Von 1958 bis 1969 wurden insgesamt ca. 246.800 Stück produziert. Voigtländer intern wurden drei Typen unterschieden. Verkauft wurden in dieser Zeit aber vier Varianten dieser Kamera. Von der Bessamatic und der Bessamatic de Luxe hat es dann noch einmal zwei Versionen gegeben. Insgesamt können wir also sechs unterschiedliche Gehäuse feststellen. Die Unterschiede zum jeweiligen Vorgängermodell könnt Ihr in dem Abschnitt "Varianten" und den jeweiligen Unterkapiteln nachlesen.

Alle Fotoartikel von Voigtländer unterlagen der vertikalen Preisbindung. Die Verkaufspreise waren also in ganz Deutschland die gleichen und wurden vom Hersteller selbst festgesetzt. Daher kann auch heute noch eine exakte Angebe über den jeweiligen Preis eines einzelnen Artikels gemacht werden. Die Preisbindung für die Bessamatic und deren Zubehör hat Voigtländer dann erst ab dem Jahre 1969 aufgehoben.
Die Mehrwertsteuer wurde übrigens auch erst ein Jahr vorher im Januar 1968 in Deutschland eingeführt!
 

Zeitungswerbung

Bild vergößern

Eine sehr schöne alte Werbeanzeige aus der Zeitschrift "Stern", Ausgabe 23 des Jahres 1962.

 
Hier ein kleiner Ausschnitt aus der Fachpresse über die Bessamatic: Photo-Technik und Wirtschaft Nr. 3 von 1959

Zitat: "Die Ausführung dieses neuen Aufnahmegerätes ist in jeder Hinsicht vorbildlich zu nennen. Durch die gelungene Formgebung, bei der die Haube des Pentaprismas, die Wabenlinse des Belichtungsmessers und der Objektivträger als Einheit aufgefaßt wurden, genügt die Bessamatic hohen ästhetischen Anforderungen."

 

Und nun zur Gehäusebeschreibung der Bessamatic.